Beim Netzausbau entstehen manchmal Konflikte. Diese besser zu verstehen und in die Planungsprozesse zu integrieren, daran forscht Agnes Feil.

Agnes Feil

  • Doktorandin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin
  • Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft (ARL)
  • Promotionsprojekt: „Zwischen Akzeptanz und Widerstand: sozial-räumliche Aspekte des Netzausbaus“ (Arbeitstitel)

Was genau ist Ihr Forschungsthema an der ARL in Hannover?

Ich erforsche sozialräumliche Aspekte beim Netzausbau, insbesondere räumliche Widerstände. Eigentlich haben die meisten Menschen eine positive Einstellung zur Energiewende. Doch wenn sie sich lokal und räumlich manifestiert, können Abwehrreaktionen entstehen. Können, nicht müssen. Dabei spielen historische und sozioökonomische Faktoren eine Rolle, und auch wie viel oder wie wenig Infrastruktur schon vorhanden ist. Beispielsweise wenn sich Regionen bei sozialer Infrastruktur wie Krankenhäusern oder Bildungseinrichtungen als unterversorgt ansehen, kann das ein Faktor sein, warum der Bau einer Stromleitung Widerstand auslöst. Bei Stromleitungen ist dabei ein besonderes Problem, dass die Regionen oft nicht direkt von ihr profitieren, sondern das Gefühl entstehen kann, eine ‚abgehängte‘ Durchgangsregion zu sein. Hier vorrangig qualitative Daten zu erheben und auszuwerten, Muster zu erkennen, das ist mein Thema.

Agnes Feil mit Prof. Dr. Antje Bruns, Generalsekretärin der ARL und Professorin an der Leibniz Universität Hannover

Welche Herausforderungen sehen Sie in der Energiewende und was leistet Ihr Fachbereich, um sie zu bewältigen?

Die Energiewende wird häufig von der technischen und ökonomischen Seite betrachtet. Sozialräumliche Perspektiven kommen dabei oft zu kurz. Doch wer Infrastruktur plant und baut, findet immer ein räumliches Gefüge vor, in dem Menschen zusammenleben, die vielfältige Interessen haben. Wenn wir besser verstehen, wo welche Kontroversen bei einem Projekt aufkommen und sie als etwas Produktives begreifen, lassen sich Prozesse zielgerichteter und inklusiver gestalten. Das ist auch eine Chance, das sogenannte Beteiligungsparadoxon einzubeziehen: Das ist die häufige Situation, dass es in frühen Projektphasen wenig Interesse an Beteiligung gibt, obwohl dann die Chance auf Einflussnahme am höchsten ist. In den späten Projektphasen ist es genau umgekehrt: ein starker Wunsch nach Beteiligung bei geringeren Einflussmöglichkeiten.

Was erwarten Sie von der Zusammenarbeit mit dem Future Transmission Lab, auch für Ihre persönliche Entwicklung?

Für meine Forschung ist es sehr wertvoll, dass Amprion Daten und Erfahrungen aus den Informations- und Beteiligungsprozessen mit mir teilt. Dieses Wissen zu erarbeiten wäre sonst viel aufwendiger. Ich durfte zum Beispiel Projektsprecher*innen auf mehrere Bürgerinfomärkte und Veranstaltungen für die Kommunalpolitik zum Leitungsbauvorhaben Westerkappeln – Gersteinwerk begleiten. Dadurch bekomme ich konkrete Einblicke in die Betroffenheiten vor Ort. Und ich freue mich, mit Promovierenden aus ganz anderen Fachrichtungen in den Austausch zu kommen. Auf der Doktorandenwoche in Dortmund habe ich unfassbar viel darüber gelernt, wie Netze geplant und gebaut werden, wie komplex die Planung ist. Das weitet den Blick!